IT Supply Chain Management für digitale Services – eine neue Produktionsweise

2. Mai 2018

Informations-Technologie ist quasi per Definition eine innovative Sache. Die Branche versteht es, die Neuheit von Technologien und Diensten effektvoll zu inszenieren. Während andere Branchen sich aufgrund von geringen Margen und hohem Wettbewerb mit prozessualer Effizienz auseinandersetzen müssen, geht es bei digitalen Services vor allem um technologische Innovation.

Der bisherige IT-Delivery-Prozess: denkbar einfach.

Die Lieferkette für B2B/ Corporate IT konnte damit knapp 30 Jahre lang einfach und simpel gehalten werden. Unternehmens-IT wird innerhalb der Firma produziert und ausgeliefert. Dazu lässt man sich von Systemhäusern Hardware und Software liefern, integriert diese auf den eigenen Produktionsanlagen im Serverraum im Keller (inzwischen aufgestiegen zum hausinternen Rechenzentrum) und liefert die Applikationen an wohldefinierte und zentral vereinheitlichte Rechner im Unternehmensnetzwerk aus.
Kein Wunder, dass IT-Verantwortliche sich bei diesem einfachen Delivery-Prozess bisher nicht mit dem Thema Supply Chain Management (SCM) auseinandersetzen müssen. In komplexeren Industrie-Fertigungsprozessen hat sich das Supply Chain Management als prozessorientierter Managementansatz etabliert, um alle Schritte entlang der Wertschöpfungs- und Lieferkette (Supply Chain) vom Rohstofflieferanten bis zum Endkunden zu optimieren.
Dabei geht es um jegliche Flüsse von Rohstoffen, Bauteilen, Halbfertig- und Endprodukten, Informationen und – ganz wichtig – um die Ressourcenoptimierung für alle an der Supply Chain beteiligten Unternehmen.

Was kann die IT von SCM lernen?

In der Informationstechnologie und bei der Produktion von digitalen Services können wir aus diesem Ansatz einige wichtige Punkte ableiten:

  1. Das Management der Lieferkette/ Servicekette ist für diejenigen, die die Bereitstellung digitaler Services (Applikationen) für Endbenutzer und in Zukunft auch für Maschinen verantworten, wichtiger als der Ort der Produktion (on Premise/ Cloud).
  2. Der Grundansatz, IT mit maximaler eigener Fertigungstiefe in den eigenen Rechenzentren bei Zulieferung aller Rezepte (Applikationen/ Software) und Maschinen (Server, Switches, usw.) zu betreiben, ist überholt.
  3. IT Supply Chain Management für digitale Services bedeutet, die besten und geeignetsten fertigen Dienste irgendwo auf diesem Planeten einzukaufen und so mit anderen Diensten/ Services zu kombinieren, dass die eigene Wertschöpfung maximal wird.
  4. Der Versuch, die Auslieferungskette mit firmengesteuerten Endgeräten simpel zu halten, wird nicht mehr funktionieren. Die neue Norm wird sein, dass die von uns gemanagten Services irgendwo und von nahezu beliebigen Endgeräten konsumiert werden.

Die Grundgedanken des Managements von komplexeren Wertschöpfungsprozessen sind im Gedankengebäude von Supply Chain Management enthalten. Wir IT-Menschen können von diesen Erfahrungen in vielfältiger Form profitieren. Vor allem vom Aspekt des gemeinsamen Datenaustauschs zwischen den Beteiligten, um so Optimierungsaspekte für mehrere beteiligte Partner in der Kette zu ermöglichen.
[selectivetweet]IT Supply Chain Management für digitale Services – die Lösung zur Prozessoptimierung in der IT[/selectivetweet]

Ein SCM für digitale Dienste als neuer gesamtheitlicher Ansatz

Im IT-Umfeld gilt ITIL bislang als Management Standard für die Organisation von IT-Prozessen. Dabei geht es vor allem um die Produktionsoptimierung von IT Services. In einer Welt mit steigender IT-Integration und immer mehr Diensten/ Services reicht die Optimierung der Produktion aber nicht mehr aus.
In der Gesamtbetrachtung von Effizienz und Einflussmöglichkeiten ist es sinnvoller, die vielen Dienste gesamtheitlich zu organisieren und zu orchestrieren, als sich mit der Produktionsoptimierung für einzelne digitale Services zu beschäftigen.
ITIL werden wir weiterhin für die Produktionsoptimierung einzelner Services oder von Service-Bündeln benötigen. Aber die heute erforderliche große Vielzahl und Anzahl von Diensten verschiedener Hersteller lässt sich damit nicht managen. Hierfür scheint die Übernahme von Praktiken aus dem großen Erfahrungsschatz des SCM angebracht und sinnvoll, also ein SCM für digitale Dienste.

Input aus dem SCOR-Modell

Das Übertragen des SCOR-Modells (Supply-Chain-Operations-Reference-Modell) auf IT-Prozesse ist meiner Ansicht nach daher ein zielführender Ansatz.
Für die Umsetzung in den Alltag werden konkrete Werkzeuge benötigt. Gedanken dazu sind z.B. in das system- und kundenübergreifende Monitoring- und Analysetool synEVENT eingeflossen – ein Vorläufer des IT Supply Chain Managements.
Mit einem Blick auf die Vielzahl verschiedener verzahnter Dienste von vielen Partnern würde die IT-Industrie an Reife gewinnen, der Fokus könnte auf ein neues Miteinander gelenkt werden: Auf lange Sicht ist es gesünder, Prozesse so zu optimieren, dass auch Partner davon profitieren.
Ich freue mich darauf, die Idee des IT Supply Chain Management für digitale Services als neue Sichtweise für die IT auf Grundlage erprobter Prozess-Modelle zu diskutieren und diese Gedanken gemeinsam mit gleichgesinnten Partnern zu etablieren!
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