Warum Meditation uns weniger vorhersehbar für (KI) Algorithmen machen kann

1. August 2018

Eine ganze Industrie von Ratgebern und Meditations-Profis verspricht uns, unsere negativen Gefühle in positive Gefühle wie Freude zu verwandeln. Bei diesen Ansätzen geht es darum, eine neue innere Balance zu finden und als Individuum zufriedener und stressfreier durchs Leben zu kommen.

Klar ist, dass zufriedene Menschen auch im gesellschaftlichen Kontext mehr leisten können; wobei dieser Beitrag zur Gesellschaft natürlich vor allem vom ideologischen Zielbild – bei uns der Kapitalismus und die Demokratie – abhängig ist und gesteuert wird.

Selbstimmanente Denkmuster und das Konzept des freien Willens

Diese innere Reflexion und das Finden zu uns selbst macht uns nicht nur zufriedener, sondern auch selbstbestimmter. Denn es gibt zwei große Bereiche in unserem Denken, die immer Vorrang vor individuellen, abgewogenen und rationalen Entscheidungen haben: Zum einen tiefe emotionale Gefühle wie Hass, Angst, Wut und Zorn. Und zum anderen die Kern-Narrative unserer Gesellschaft und direkten sozialen Umgebung, also Frames, die unser Denken mit dem Kollektiv abgleichen.

Erst, wenn wir diese beiden Denkschleifen überwunden haben und unsere Handlungsoption nicht zuvor bereits von diesen beiden Ebenen entschieden wurde, haben wir eine reelle Chance, eine nicht ohnehin schon vorherbestimmte Entscheidung zu fällen.

Natürlich sind auch Entscheidungen, die wir aufgrund tiefer emotionaler Abläufe oder unserer Umgebungs-Narrative fällen, unsere eigene selbstbestimmt getroffene Wahl. Aber irgendwie wird damit schon klar, dass unser freier Wille letztlich doch irgendwie eine Utopie ist.

Yuval Harari beschreibt in seinem Buch Homo Deus ja ganz deutlich, wie wir uns viele dieser Entscheidungen im Nachhinein mit der Ratio-Ebene in uns nochmal erklären und herleiten müssen, um damit das Konzept des freien Willens und unserer Autonomie jeden Tag wieder für uns zu retten.

Meditation als Weg zum selbstbestimmten Handeln

Meditation und innere Sammlung kann also eine sinnvolle Methode sein, uns von der Vorhersehbarkeit tiefer emotionaler Programme in uns selbst zu befreien und so auf eine neue Bewusstseins-Ebene zu gelangen. Und in einer zunehmend digitalen Welt hat diese Einstellung noch andere weitreichende Konsequenzen:

Die meisten Vorhersage-Modelle basieren auf statistischen Informationen zu starken Emotionen und den Narrativen unseres Umfeldes. Solange wir uns bei Entscheidungen von diesen beiden Ebenen leiten lassen und konform zu diesen Denkweisen agieren, sind unser Handeln und unsere Entscheidungen von digitalen Algorithmen der KI-Systeme gut vorhersehbar.

Wenn es uns gelingt, unsere Entscheidungen von den beiden großen Vor-Entscheidungs-Schleifen der starken Gefühle und Gesellschafts-Narrative zu lösen, machen wir uns damit auch weniger bzw. schwieriger vorhersehbar für die großen Datensammler. Wir stärken also unsere Autonomie, wenn wir aus dem Raster fallen.

Doch auch ohne diesen Nebenaspekt der Verwirrung der digitalen Algorithmen ist Meditation und vor allem das Verständnis der Zusammenhänge in unserem Ich hilfreich und sinnvoll für ein selbstbestimmtes Leben.

Galten diese Ansätze vor ein paar Jahren in unserer Leistungsgesellschaft noch als spinnert und wurden milde belächelt, setzen sich die Menschen mit zunehmendem Körperbewusstsein auch mit ihrem geistigen Wohlbefinden auseinander und hinterfragen dabei Grundlagen für ihre Entscheidungsfindung. Ebenso wie wir gesellschaftliche Normen überprüfen, ist es wichtig, uns selber mit unserem Verhalten in Frage zu stellen, um Leitlinien für unser zukünftiges Handeln und unsere Selbstbestimmtheit zu entwickeln.

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