Ich vs. Selbst und die Auswirkungen auf unsere Beziehungen

14. März 2018

Für rationale Menschen ist das schon ein irrer Bogen, wie Hans-Joachim Maaz in seinem Buch „Das falsche Leben: Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft“ von inneren menschlichen Beziehungsstörungen zu einer umfangreichen geschichtlichen Analyse des deutschen Volkes gelangt. – Angefangen beim zweiten Weltkrieg bis hin zur Gegenwart, inklusive der Themen Wiedervereinigung, AfD und Krippenplätze.

Ich vs. Selbst

Einsichtig und eingängig ist die Unterscheidung von Maaz zwischen unserem Selbst und dem Ich. Während wir unser Ich selber erschaffen, ist uns unser Selbst gegeben und ein Spiegel unserer ersten familiären Beziehungen. Es ist genau unser absolut schutzbedürftiges Selbst, das den Kern unserer Persönlichkeit ausmacht. Doch „wahr nehmen“ wir in der Regel die soziale Fassade und die Rollen des Ichs, welches außenorientiert um eben diese Wahrnehmung kämpft.

Tiefe Einblicke in unser Ich

Länger nachdenken musste ich über Sätze wie „Es ist der Unterschied zwischen Haben und Sein. Das Ich hat, aber es ist nicht. Das Selbst ist, aber es hat nicht.“ Die meisten von uns führen ein falsches Leben, weil sie ihr wahres Selbst nicht als Geschenk und einzigartig annehmen. Schuld daran sind in der Regel Beziehungsstörungen zu den Eltern in den ersten Jahren. (Die unterschiedlichen Arten werden für die Mutter- und die Vater-Rolle mit ihren jeweiligen Konsequenzen für unsere Entwicklung durchdekliniert)
[selectivetweet]Ureigene Aufgabe: sein wahres Leben finden [/selectivetweet]
Dennoch hat jeder die ureigene Aufgabe, sein „wahres Leben“ subjektiv und individuell zu finden – und sei es nur für einen Augenblick. Für diese Einblicke in unser Ich und die von jedem von uns selbst zu leistende Arbeit am eigenen Sein hat sich das Lesen des Büchleins schon mehr als gelohnt. Die Verbindungen zu den Zweifeln am grenzenlosen Wachstum ganz tief in unserem Inneren haben mich berührt: Größe ist jetzt ganz logisch ein Symptom von Krankheit aus einer narzisstischen Normopathie.

Nachwirkungen vom Selbst und vom Ich zur Gesellschaft

Die weiteren Schlussfolgerungen zu Politik und Geschichte durchziehen das Buch und sind grundsätzlich schlüssig – und sie hinterlassen mich als Leser häufig mit Erstaunen. Aber irgendwie bin ich noch zu sehr mit mir selbst und den direkten Beziehungen zwischen uns Menschen beschäftigt, als dass die Übertragung von Beziehungsstörungen auf Gesellschaften und Völker – egal wie gut diese eine Vielzahl von Phänomenen beschreiben – ein wirkliches Unwohlsein bei mir auslöst.
Eine Bereicherung für jeden Leser ist das Büchlein allemal und ich frage mich, ob man mit Hans-Joachim Maaz auch über die Auswirkungen veränderter Beziehungskultur durch digitale Technologien diskutieren könnte.
Weitere Lese-Empfehlungen zu den Themenbereichen Digitale Transformation und Entrepreneurship gibt es hier auf meinem Blog oder direkt bei Amazon.
 
Hans-Joachim Maaz
Das falsche Leben: Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft
C.H.Beck, 256 Seiten, 16,95 Euro
Kindle Ausgabe 13,99 Euro

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